Goldbarren, die man als Bank oder Goldhändler ankauft, sollte man auf Echtheit prüfen, bevor man das Geld dafür auszahlt. Diese Lektion hat auch die Sparkasse in Göttingen gelernt, die sich von einem 18-jährigen Realschul-Absolvent Gold im Wert von insgesamt rund 300.000 Euro hat andrehen lassen. Der junge Mann hat Ende September 2016 angefangen, kleinere Mengen an die Sparkasse zu verkaufen: Zunächst 4 Goldbarren und einen Krügerrand, später auch größere Mengen. Die Goldbarren immer ansehlich in einer hübschen Plastik-Blister-Verschweißung eingepackt.
Im November kaufte die Sparkasse für 189.000 falsches Gold
Alleine im November 2016 hat die Sparkasse Göttingen so vermeintliches Gold, was sich als falsch herausstellte, im Volumen von fast 189.000 Euro gekauft. Beim Ankauf hat man sich auf die auf der Verpackung aufgedruckten Angaben der angeblichen Goldbarren verlassen, aber weder das Gold angekratzt, noch einen Säuretest unternommen, noch per Ultraschall oder Röntgenfluoreszens-Technik Messungen vorgenommen. Dies haben allerdings später Landesbanken unternommen, an die die Sparkasse die Goldbarren weiterreichte.
Als Mutti kam, fiel es auf
Als die Mutter des jungen Mannes schließlich am Schluss auch noch Gold für 2.580 Euro verkaufen wollte, schöpfte ein Mitarbeiter der Sparkasse doch Verdacht, – ihm kamen die Beträge und das Goldbarren-Aufkommen verdächtig vor und er erstattete eine Geldwäsche-Verdachtsmeldung. Gesetzeskonform lehnte er auch den Ankauf ab. Allerdings hatte die Sparkasse bis dahin schon Gold für 300.984 Euro angekauft. Glaubte sie jedenfalls.
Blech aus China statt Goldbarren
Die angeblichen Goldbarren waren nichts anderes als in China hergestellte Blechbarren, die einen hauchdünnen Goldüberzog besaßen. Der Anwalt der Mutter führte vor Gericht vor, dass ein einfaches Kratzen an der Barrenrückseite bereits hätte offenkundig werden lassen, dass es sich nicht um Barren aus massivem Gold handele. Gekratzt hatte die Sparkasse aber nicht. Die Barren hatte sich der junge Mann aus Online-Angeboten für wenige Euro zusammen gekauft.
Staatsanwalt ist von Schuld überzeugt
Vor Gericht schweigt der Angeklagte übrigens bislang, was sein gutes Recht ist. Niemand ist in Deutschland gezwungen, sich selbst zu belasten. Das Gericht musste die Verhandlung jedoch nunmehr unterbrechen, da einige der Barren zum Testen bereits eingeschmolzen wurden und nunmehr zunächst beweisfest sichergestellt werden muss, wann wer welche Barren wohin verkauft hat und ob sich der Weg der einzelnen Barren überhaupt nachvollziehen lässt. Sollte die Sparkasse z.B. ein großes Konvulut an Barren weiterverkauft haben, in dem sich u.a. auch die gefälschten befunden haben, könnte es für den Staatsanwalt, der von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist, schwierig werden, zu beweisen, dass es sich bei den Barren, die der Realschulabsolvent verkauft hat, auch um die gefälschten gehandelt hat. Und dann muss er dem Angeklagten noch beweisen, dass er beim Einkauf der gefälschten Barren gewusst hat, dass diese falsch sind. Man wird mit Spannung auf diesen Gerichtsprozess schauen dürfen, der in 2018 die Vorgänge aus Ende 2016 beleuchtet.
Eines ist sicher: Ein gutes Bild auf die Sparkasse Göttingen wirft der Prozess nicht. Auch, wenn man betont, dass kein Kunde zu Schaden gekommen ist. 20, 40 oder 80 Barren von einem damals 18-jährigen anzukaufen und das Geld dafür auszuzahlen, ohne die Eigenschaft der Ware hinreichend zu prüfen, darf man getrost als mindestens grob fahrlässig bezeichnen.
Auch die rudimentärsten Fälschungsmerkmale falscher Goldbarren scheinen dem Mitarbeiter der Sparkasse, der in mehreren Fällen die Auszahlung veranlasst hat, nicht bekannt gewesen zu sein. Egal, ob man einen Goldankauf in Wiesbaden, Buxtehude, Frankfurt oder Göttingen betreibt: Bevor man Geld für Gold auszahlt, sollte man das Gold prüfen. Eine Tüte, Blisterverpackung oder ein Zertifikat ist schnell gedruckt. Entscheidend ist nicht ein Stück Papier, wo drauf steht, dass das Gold echt sein soll, sondern das angebliche Gold selber. Hier muss man prüfen, ob es echt ist. Im Fall Göttingen wurde nicht eine einzige sinnvolle Kontrolle vorgenommen.
183.000 Euro noch sichergestellt
Ein Trost für die Sparkasse: 183.000 konnten laut Oberstaatsanwalt Buick noch sichergestellt werden. Bleibt abzuwarten, ob es der Sparkasse gelingt, zu beweisen, dass ihr das Geld zusteht.
Rechtshinweis: Bis zu einer möglichen Verurteilung gilt natürlich die Unschuldsvermutung. Symbolbild.