Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet plant die chinesische ICBC Standard Bank, den Gold- und Silbertresor der Deutschen Bank in London zu übernehmen. Reuters beruft sich bei seiner Meldung auf vier Quellen aus dem unternehmerischen Umfeld des chinesischen Geldhauses.
Den Edelmetall-Speicher hatte die Deutsche Bank erst im Juni 2014 eröffnet. Er verfügt über eine Lagerkapazität von bis zu 1.500 Tonnen und wurde von dem britischen Sicherheitsspezialisten G4S gebaut, welcher die Tresoranlage auch betreibt.
Nachdem das deutschstämmige Bankhaus im Rahmen des Londoner Metallhandels mit mutmaßlichen Goldpreis-Manipulationen in Verbindung gebracht worden war, zog es sich im Mai 2014 zunächst aus den Londoner Preisbildungsprozessen zurück ohne ein Folgemitglied für seinen Sitz im „Fixing-Board“ gefunden zu haben. Im November des selben Jahres folgte dann die Ankündigung der Bank, sich aus dem physischen Goldhandel und dem Handel mit anderen stofflichen Edelmetallen zurückzuziehen. Bereits zu diesem Zeitpunkt entstanden Spekulationen über eine mögliche Übernahme des Tresors durch die ICBC. Mittlerweile hat die Deutsche Bank ihre Abteilung für den Edelmetallhandel aufgelöst.
Die Quellen der Nachrichtendienstes Reuters geben an, dass der Hochsicherheitstresor von der Deutschen Bank ursprünglich für rund 4 Millionen US-Dollar gehandelt werden sollte. Allerdings liege der Preis zum Vorteil der chinesischen Großbank nun deutlich niedriger. Offenbar wurde zwischen den beiden Bankhäusern ein Leasingvertrag vereinbart.
ICBC: Bewerbung als „Clearing Member“ des London Bullion Market
Die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) ist nach ihrem Marktwert und den Assets die weltweit größte Geschäftsbank und ein bedeutender Akteur auf dem chinesischen Goldmarkt. Das Kreditinstitut strebt nach einer gewichtigeren Rolle am weltweiten Edelmetallmarkt. Die Übernahme des Hochsicherheitstresors ist wohl Teil seiner Expansionsstrategie. Reuters zufolge zeigt die Großbank Ambitionen, die Lücke zu besetzen, die nach dem Rückzug der westlichen Banken aus dem Edelmetallhandel entstanden ist. Im vergangenen Jahr erwarb sie eine Mehrheitsbeteiligung an der südafrikanischen Standard Bank und bewarb sich beim London Precious Metals Clearing (LPMCL) als Clearing Member des LBMA, um stärkeren Einfluss auf die Preisbildung nehmen zu können. Zu dem Bankenkollegium des LPMCL gehören aktuell: JP Morgan Chase, HSBC, Bank of Nova Scotia, Barclays Bank und der UBS. Über diese Institute läuft der tägliche Handel von physischen Gold- und Silbertransaktionen, welche sich im Jahr auf mehr als fünf Billionen US-Dollar belaufen.
Die fünf Mitglieder der LPMCL werden in den kommenden Monaten darüber entscheiden, ob sie die ICBC Standard Bank in ihr Clearing-System aufnehmen.