Es ist vollbracht: Die US-Notenbank Fed hat die Erwartungen der Märkte erfüllt und erhöhte am Mittwoch in einer historischen Entscheidung erstmals seit fast zehn Jahren wieder den Leitzins und schafft damit neue Bedingungen für Anleger, Banken und Konsumenten weltweit.
In Washington sprach Fed-Chefin Janet Yellen vom Ende einer außergewöhnlichen Zeitperiode. Auf den Tag genau vor sieben Jahren, am 16. Dezember 2008, hatte die Notenbank die Zinsspanne nahezu auf Null gesetzt, infolge der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Jahrelang hatte die Notenbank die Märkte mit billigem Geld versorgt, um auf diese Weise die Konjunktur wieder anzukurbeln.
Positive Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten
Der Schlüsselsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld lag bei Null bis 0,25 Prozent. Nun wird der Leitzins zunächst um 0,25 Prozentpunkte auf die Bandbreite von 0,25 bis 0,5 Prozent angehoben. Die zuständigen Mitglieder des Offenmarktausschusses stimmten einheitlich für diesen Schritt. Obwohl die Erhöhung nur minimal ist, besitzt sie doch eine große symbolische Bedeutung. Mit ihrer Entscheidung zeigt die Fed, dass sie Vertrauen in die Wirtschaft der USA hat und die Folgen der Finanzkrise größtenteils als überwunden ansieht. Die Zinsanhebung spiegele die Fortschritte am Arbeitsmarkt wider und stehe auch für die Erwartung, dass es mit der US-Konjunktur weiter bergauf gehe, erklärte Yellen am Mittwochabend in Washington. Die Arbeitslosenquote lag zuletzt bei 5 Prozent, was nahezu Vollbeschäftigung bedeutet. Dies war mit eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Zinswende.
„Sanfte“ Zinswende
Die Notenbänker haben die Marktteilnehmer sorgfältig auf die Zinswende eingestellt. Entscheidend ist die Frage, wie es weiter geht und in welcher Geschwindigkeit weitere Zinserhöhungen kommen werden. Auf der Pressekonferenz im Anschluss an die zweitägige Fed-Sitzung signalisierte Yellen, dass sie die Zügel weiter behutsam anziehen wolle. Sie erklärte, dass die Normalisierung der Geldpolitik graduell erfolgen werde. Bis Ende 2016 stellte sie eine Erhöhung des Leitzins auf 1,375 Prozent in Aussicht. Sie verdeutlichte jedoch, dass die Anhebung vor allem von der wirtschaftlichen Entwicklung abhinge. Bei stärkeren Wachstumsraten oder einer höheren Inflation werde es deutlichere Zinsschritte geben, im gegenteiligen Szenario langsamere Zinserhöhungen. Bei den Akteuren der Finanzmärkte kam dies gut an. Die Aktienmärkte reagierten weltweit positiv.
Analysten sprechen von einem fälligen Schritt. Bereits im September stand Yellen kurz davor den Leitzins zu erhöhen, verschob aufgrund von Turbulenzen an der Börse in China dieses Vorhaben jedoch. Indem die Notenbank in den vergangenen Monaten eine Zinsanhebung stets nur angekündigt hatte, setzte sie sich selbst unter Zugzwang den Ankündigungen nun auch Taten folgen zu lassen. Andernfalls hätten die Märkte wohl an ihrer Glaubwürdigkeit gezweifelt.
Zahlreiche Volkswirte und Analysten begrüßen die Zinswende. Auf boerse.ARD.de erklärt Hans-Werner Sinn, Präsident des Ifo-Instituts, dass durch die jahrelange Nullzins-Politik die Kontrollfunktion des Zins verloren gegangen sei mit der zwischen rentablen und unrentablen Objekten unterschieden würde. Volkswirtschaftlich sei dies schlecht, da es zu dem Irrtum verführe, die Ressourcen seien unbegrenzt. Ebenso würden zu niedrige Zinsen zu Vermögensblasen führen, die später platzen und die Banken in Not bringen könnten.
Im Vorfeld gab es jedoch auch kritische Stimmen, die vor einer Zinsanhebung warnten, da die amerikanische Inflation weit von der durch die Notenbank gewünschten Zielmarke von zwei Prozent entfernt sei. So kommentiert Larry Summer, der frühere US-Finanzminister: „In einer Welt, in der Fehler unvermeidlich sind, ist es besser Fehler zu machen, die man leicht rückgängig machen kann. Es ist schwieriger, eine Zinswende rückgängig zu machen, als vielleicht mit einer Anhebung etwas spät dran zu sein.“
Auswirkungen auf die Weltwirtschaft
„Mit der Zinserhebung endet eine Dekade des billigen Geldes, auch in vielen aufstrebenden Volkswirtschaften“, sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer voraus. Die Zinserhebung stärkt den Dollar und Geldanlagen in den USA gewinnen wieder an Attraktivität. Investoren werden ihr Geld in den USA anlegen. Die Eurozone, aber insbesondere die Schwellenländer erlebten bereits im Vorfeld der Erhöhung den Abzug hoher Geldsummen, die wiederum in den Dollarraum flossen. Wie ntv berichtete, flossen nach Angaben des Bankenverbands IFF mehr als 500 Milliarden Dollar aus China ab. Mehr als je zuvor. Allein im vierten Quartal soll sich der Kapitalabfluss auf 150 Milliarden Dollar belaufen haben. Diese Entwicklung könne den Dollar weiter stärken und am Devisenmarkt zu Turbulenzen führen.
Als größte Wirtschaft hat die US-Wirtschaft eine Leitwirkung, viele Geschäfte werden in Dollar abgewickelt und Schwellenländer wie Brasilien oder die Türkei nehmen Kredite in Dollar auf. Der starke Dollar fällt somit zu ihren Lasten. Die Zinsentscheidung ist ebenfalls bedeutsam für China. Für Exportnationen der Eurozone könnte sich der starke Dollar positiv auswirken, da ihre Waren im Vergleich zu US-Produkte günstiger werden.