Wenn es um Gold als Geldanlage geht, gehen die Meinungen auseinander. Die einen befürchten den großen Crash, den sie aufgrund der zahlreichen Krisen und Kapitalkrisen kommen sehen, und raten deshalb zum Kauf von Gold als Absicherung gegen Vermögensverluste. Andere schätzen diese Gefahr geringer ein und empfehlen das Depot nur in Maßen mit dem gelben Edelmetall abzusichern.
Demgegenüber stehen diejenigen, deren Einschätzung nach der Goldpreis weiterhin fallen wird, da sich zum einen immer mehr Investoren von Gold abwenden, zum anderen sich der Goldpreis immer noch oberhalb des Vorkrisenniveaus von 2007 befindet.
2015 war für Goldanleger kein glänzendes Jahr und markiert das dritte Verlustjahr in Folge. Zum Ende des Jahres wurde eine Feinunze an der Londoner Börse für 1.066 Dollar (979,15 Euro) gehandelt, rund zehn Prozent weniger als zu Jahresanfang. Auf Eurobasis dagegen hielt sich der Goldpreis in etwa da, wo er zu Jahresbeginn stand.
Was spricht nun 2016 dafür, dass der Goldpreis wieder steigt oder weiter fällt?
Argumente für einen steigenden Goldpreis
Steigende Inflation
Gold gilt als ein wirkungsvoller Schutz vor deutlich ansteigender Inflation. Wenn sich die Teuerung beschleunigt, tendiert der Goldpreis zur Stärke. Bisher allerdings bremst die Null-Inflation, wie sie aktuell in der Eurozone und den USA vorherrscht, den Preis des gelben Edelmetalls. Da die amerikanische Notenbank als auch die Notenbanken der Eurozone mit ihren geldpolitischen Maßnahmen derzeit eine Inflationsrate von 2,0 Prozent anstreben, könnte sich dies im laufenden Jahr jedoch ändern. Die DZ Bank erwartet für 2016 einen Anstieg der Inflation in den USA auf 2,0 Prozent. Steigt die Inflation schneller als die Zinsen, hätte dies positive Auswirkungen auf den Goldpreis.
Steigende Nachfrage
Wie die Daten des World Gold Council zeigten, stieg die Nachfrage nach physischem Gold im dritten Quartal um acht Prozent und damit stärker als erwartet. Frank Schallenberger, Rohstoffanalyst von der Landesbank Baden-Württemberg, sieht unter anderem in den Notenbanken einen Treiber für den Goldpreis. Gerade die Notenbanken der Schwellenländer arbeiten kontinuierlich daran, ihre Goldbestände weiterhin aufzustocken. Neben Kleinanlegern sind sie die wichtigsten Käufer von Gold. Vor allem in China und in Indien setzen viele Kleinanleger auf das gelbe Edelmetall. In Indien herrscht insbesondere während der Festival- und Hochzeitssaison traditionell eine besonders hohe Nachfrage. Nach Einschätzung von Eugen Weinberg von der Commerzbank wird der Goldpreis 2016 durch eine robuste Nachfrage aus Asien gestützt werden, vor allem aus China. Und auch Bert Flossbach von der Kölner Vermögensverwaltung Flossbach von Storch glaubt, dass der Goldpreis steigen wird, wenn die Schwellenländer ihre Schwäche erst einmal überwunden hätten.
Sinkendes Angebot
Da das Angebot gegenüber der Nachfrage stagniert bzw. sogar schrumpft, kann mit einer Steigerung des Goldpreises gerechnet werden.
Beim derzeitig niedrigen Goldpreis ist es für viele Goldproduzenten kaum noch möglich Gold kostendeckend aus der Erde zu holen. Im Zuge dessen gehen nicht wenige Experten davon aus, dass einige Minen künftig gezwungen sein werden zu schließen. Aufgrund des angenommenen Produktionsrückgangs und der Tatsache, dass bereits jetzt das Angebot an recycletem Gold auf dem Markt um 500 Tonnen gesunken ist, dürfte sich Gold wieder verteuern.
Krisenangst und zunehmende Volatilität an den Aktienmärkten
Gold wird die Eigenschaft zugeschrieben, sich in unsicheren und turbulenten Zeiten als sicheres Investment mit Schutzfunktion zu beweisen und gilt Anlegern somit als sicherer Hafen. Starke Kursschwankungen an der Börse schürt die Nervosität vieler Anleger und bewegt sie dazu, vermehrt in Gold zu investieren bzw. auf Gold als Beimischung in ihrem Portfolio zu setzen. Ein Großteil der Börsenexperten geht davon aus, dass 2016 stärkere Kursschwankungen mit sich bringen wird als dies im vergangenen Jahr der Fall war.
Zusammenbruch der Eurozone
Im Spätsommer 2016 entscheiden die Briten über ihre Mitgliedschaft in der EU. Ein Austritt Großbritanniens könnte einen Prozess auslösen, der dazu führen könnte am Ende die Union als Ganzes infrage zu stellen. Dies würde gleichsam das Ende für das gemeinsame Europa bedeuten, wenn andere Länder dem britischen Beispiel folgen würden. Ein Zusammenbruch der Eurozone würde den Goldpreis anheizen, da davon ausgegangen werden kann, dass sich nicht wenige Europäer mit vermeintlich schwächerer Währung in Gold flüchten würden. Bei den meisten Experten gilt ein solches Szenario allerdings als unwahrscheinlich.
Argumente für einen weiteren Rückgang des Goldpreises
Steigende Zinsen
Die sanfte Zinswende der amerikanischen Notenbank könnte den Goldpreis weiter belasten. Die Aussicht auf steigende Zinsen machen verzinste Anlageformen wieder interessanter mit entsprechenden Konsequenzen für den Goldpreis. Da das gelbe Edelmetall weder Zinsen noch Dividende abwirft, verliert es an Attraktivität.
Steigender US-Dollar
Gold wird wie die meisten Rohstoffe auf dem internationalen Markt in US-Dollar gehandelt. Weitere Zinserhöhungen der US-Notenbank stärken den Dollar und schwächen im Gegenzug andere Währungen. Dadurch verteuert sich Gold für Anleger aus Europa oder Asien, was wiederum zu einer sinkenden Nachfrage unter Kleinanlegern, vor allem nach physischem Gold, führt. Dies hat ebenfalls negative Auswirkungen auf den Goldpreis.
Fonds-Abflüsse
Nach der Finanzkrise investierten Hedgefonds-Manager und Profi-Investoren massiv über ETFs in Gold. Seit über drei Jahren jedoch ziehen diese Investoren ihr Geld wieder aus den Goldfonds ab und schichten um in Aktien. Abflüsse aus den Gold-ETFs gehen in der Regel mit einem fallenden Goldpreis einher, da die Goldfonds ihrerseits Gold verkaufen müssen. Obwohl sich die Entwicklung seit den größten Abflüssen 2013 verlangsamt hat, bleibt Gold unter Druck. Die anhaltenden Abflüsse sprechen gegen Gold.
Konjunkturabkühlung in China
Das Wirtschaftswachstum in China ist im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit Jahren unter sieben Prozent gesunken. Hält diese Konjunkturabschwächung weiterhin an, wird auch die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen werden. Traditionell hat das Land der Mitte eine starke Verbindung zu Gold als Wertanlage, als Absicherung und als Geschenk. Es ist nicht nur größter Goldproduzent, sondern auch eines der größten Abnehmerländer. Eine anhaltend abflauende Wachstumsdynamik würde jedoch zu einem Rückgang der physischen Nachfrage führen, was wiederum den Goldpreis drücken würde.
Abnehmende Krisenangst
Der viel prophezeite große Crash der Aktienmärkte und der Finanzwelt aufgrund zahlreicher Krisen blieb bisher aus. Stattdessen hat sich die Weltkonjunktur erholt und die Aktienmärkte erwiesen sich als robust. Das gelbe Edelmetall hat vorerst seinen Nimbus als Krisenwährung eingebüßt. Der Vorstellung von „Kapitalerhalt in unruhigen Zeiten“ kam es nicht ansatzweise nahe und erlebte trotz Krisen eine nachhaltige Abwärtsphase. Krisen treiben nicht mehr automatisch den Preis.
Die meisten Goldprognosen der Banken für 2016 halten sich daher um den Bereich von 1.100 Dollar je Feinunze. Zu den größten Optimisten zählt die Landesbank Baden-Württemberg, die einen Preis von 1.300 Dollar je Feinunze prophezeit. Die Experten von Morgan Stanley dagegen sehen die Preisentwicklung eher pessimistisch und halten bei voranschreitender Zinswende und erneuten Börsenturbulenzen in China einen Einbruch auf bis 800 Dollar je Feinunze für möglich.